Deine To-do-Liste ist länger als der Kassenzettel des Wochenendeinkaufs und deine Energiereserven gehen gegen Null – trotzdem fällt es dir schwer, um Unterstützung zu bitten oder du lehnst sogar die Hilfsangebote von den Menschen in deinem Umfeld ab? In diesem Artikel erfährst du, welche Ursachen es dafür geben kann und wie du deine Perspektive ändern kannst, um zukünftig viel leichter um Hilfe bitten zu können – ohne dich dabei unwohl zu fühlen.
„Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu deinem Geburtstag!“ sagte ich zu Birgit (Name geändert). Gerade hatte wieder eine unserer gemeinsamen Sessions des 1:1-Mentorings begonnen. „Hattest du eine schöne Feier?“ Birgit sah erschöpft aus und antwortete zögernd: „Ja, irgendwie schon. Aber ich konnte sie gar nicht so richtig genießen. Ich war total müde und ich hatte kaum Kraft, mich auf die Gespräche mit den vielen Leuten einzulassen. Die ganzen Tage mit den Vorbereitungen für die Feier waren so stressig. Ich musste z. B. an mehreren Tagen hintereinander einkaufen gehen, um alles mit dem Fahrrad nach Hause zu bekommen.“
Nachdem wir uns die letzten Tage gemeinsam noch einmal ganz genau angeschaut hatten, brachte Birgit schnell die Ursache für ihren Stress und ihre Erschöpfung auf den Punkt:
Es waren zu viele Aufgaben und die Zeit war viel zu knapp gewesen, um alles in Ruhe erledigen zu können.
Für den einen Teil dieser Situation – die knappe Zeit – war die Lösung recht schnell gefunden:
Birgit wollte zukünftig eine detailliertere und vor allem schriftliche Planung machen, um den Überblick über die Aufgaben zu behalten und ausreichend Zeit einzuplanen.
Doch dann ging es um Lösungen für den zweiten Teil – die vielen Aufgaben. Allein durch eine verbesserte Wochen- und Tagessstruktur werden die Aufgaben ja nicht weniger. Und hier liegt meiner Meinung nach das eigentliche Problem: Die meisten Menschen haben zu viele Aufgaben auf ihrer To-do-Liste.
Und ich beobachte immer wieder, dass sie ständig auf der Suche nach dem nächsten Zeitmanagement- oder Organisationstool sind. Immer in der Hoffnung, ihre 167 Tagesaufgaben irgendwie in die 24h eines Tages hineinzupressen. Neben Me-Time, Zeit für Sport, Freunde und Partnerschaft und dem Zubereiten von gesunden Mahlzeiten.
Dabei ist das kluge Verteilen der Aufgaben auf einen Tag oder eine Woche aus meiner Sicht immer erst der zweite Schritt. Der erste muss immer sein: Möglichst wenige Aufgaben zu haben. Und auch dafür gibt es eine Menge guter Strategien, auf die ich an dieser Stelle jetzt nicht alle eingehen kann (aber die du z. B. bei mir im 1:1-Mentoring lernen kannst). Aber eine ganz wichtige Strategie dafür ist: Aufgaben zu delegieren, bzw. jemanden zu bitten, Aufgaben für dich zu übernehmen.
Als ich Birgit auf diesen Punkt ansprach, wurde deutlich, dass sie tatsächlich niemanden um Hilfe gebeten hatte – auch nicht ihren Freund, der sogar ein Auto besitzt, mit dem alle Einkäufe auf einmal hätten erledigt werden können.
Aber jetzt bitte Vorsicht vor zu schnellen Urteilen: In diesem Fall oder generell bei anderen scheint dir die Lösung vielleicht ganz klar zu sein. Aber bitte überlege auch mal bei dir: Kann es sein, dass auch du häufiger um Hilfe bitten darfst, um weniger belastet zu sein? Oder schlägst du sogar konkrete Hilfsangebote aus, die dir von den Menschen in deinem Umfeld gemacht werden?
Und vielleicht wäre es dir bei diesem Beispiel, wenn es um die Vorbereitung einer Feier geht, ganz leicht gefallen um Hilfe zu bitten, aber in einem anderen Bereich mindestens genauso schwer? Zum Beispiel wenn es darum geht, dass dir jemand berufliche Aufgaben abnimmt? Oder wenn es darum geht, dich bei der Kinderbetreuung zu entlasten?
Wie leicht oder schwer fällt es dir in diesen Bereichen, um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzunehmen? Vielleicht ist es ironischerweise sogar so, dass du dich dort manchmal ganz schön alleingelassen und einsam mit deinen vielen Aufgaben fühlst.
Wenn du dich jetzt ertappt fühlst – es gibt keinen Grund, sich dafür zu verurteilen. Denn es hat immer einen guten Grund, warum wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten. Das Wichtigste ist, es erstmal anzunehmen, wie es ist. Denn auch das sich Verurteilen kostet dich viel Energie, weil du mit negativen Gedanken über dich auch negative Gefühle erzeugst, die deinen Akku leersaugen. Investiere diese Energie lieber in die Veränderungen.
Und um die Veränderungen angehen zu können, ist es wichtig zu verstehen, aus welchem Grund es dir vielleicht schwerfällt, Hilfe anzunehmen.
Dafür kann es viele verschiedene Gründe geben, die aber eigentlich immer einen direkten Zusammenhang mit unseren Glaubenssätzen haben – also Annahmen über dich und die Welt, die sich durch deine Erziehung und deine Erfahrungen angesammelt und verfestigt haben. Einige davon werden die inneren Antreiber genannt, weil sie immer dann aktiv sind, wenn wir uns selbst unter Druck setzen.
Lass uns mal ein paar der typischen innere Antreiber zusammen anschauen – vielleicht erkennst du dich hier schon in der einen oder anderen Situation wieder:
5 Innere Antreiber, die dich davon abhalten um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzunehmen
1) Sei beliebt!
Wenn dieser innere Antreiber bei dir aktiv ist, magst du nicht um Hilfe bitten oder sie annehmen, weil du niemandem zur Last fallen und niemandem Umstände machen möchtest. Vielleicht befürchtest du sogar Ablehnung oder Diskussionen, wenn du jemanden um einen Gefallen bittest. Du möchtest gemocht werden und vermeidest daher alles, was die Harmonie stören könnte.
2) Halte durch!
Wenn dieser innere Antreiber bei dir aktiv ist, erwartest du von dir, es auch ohne Hilfe zu schaffen, indem du die Zähne zusammenbeißt und dich noch mehr anstrengst. Vielleicht empfindest du es sogar regelrecht als Zeichen von Schwäche, um Hilfe zu bitten.
3) Sei perfekt!
Wenn dieser innere Antreiber bei dir aktiv ist, dann erwartest du als „perfekte Gastgeberin/Mutter/Chefin/etc.“ von dir, alle Aufgaben selbstverständlich alleine zu schaffen. Vielleicht ahnst du sogar schon, dass es deshalb so viele Aufgaben sind, weil du eben alles ganz perfekt machen möchtest und indem du niemanden um Hilfe bittest, vermeidest du auch, dass etwaige Helfer mit dir darüber diskutieren, ob diese oder jene Aufgabe wirklich sein muss.
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4) Sei unabhängig!
Wenn dieser innere Antreiber bei dir aktiv ist, dann befürchtest du, dem anderen etwas schuldig zu sein, wenn du seine Hilfe in Anspruch genommen hast und das bereitet dir ein ungutes Gefühl. Generell möchtest du das Gefühl haben, alles alleine schaffen zu können und möchtest gerne das Bild der starken, unabhängigen Frau vor dir und vor anderen aufrechterhalten.
5) Behalte die Kontrolle
Wenn dieser innere Antreiber bei dir aktiv ist, bittest du ungerne um Hilfe, weil du gerne alle Fäden selbst in der Hand hältst und vielleicht sogar eine ziemlich genaue Vorstellung davon hast, auf welche Weise Dinge erledigt werden sollen. Wenn du dann doch mal eine Aufgabe abgibst, behältst du ganz genau im Blick, ob der Andere die Aufgabe auch genauso macht, wie du es dir vorgestellt hast. Das heißt, auch dann bist du noch angespannt und hast die Aufgabe nicht wirklich abgegeben – deswegen fühlt es sich für dich auch nicht wie eine Erleichterung an und du sagst deshalb vielleicht häufiger: nein, das mache ich lieber selbst.
Und, hast du dich in dem einen oder anderen inneren Antreiber wiedererkannt? Bei den meisten Menschen sind übrigens oft mehrere Antreiber aktiv, daher kann es sein, dass du dich gleich bei mehreren wiedererkannt hast.
Auch ich kenne alle diese Antreiber 😉. Inzwischen sind ihre Stimmen aber schon deutlich leiser geworden, denn ich habe schon viel dafür getan, um sie zu entkräften. Und das würde ich auch dir ans Herz legen: Beschäftige dich mit deinen inneren Antreibern. Lerne sie zu erkennen und befreie dich von ihrem Einfluss. (Wie du das angehen kannst, erkläre ich dir ausführlich in diesem Artikel.)
Aber es gibt noch eine weitere sehr kraftvolle Möglichkeit, dir wieder zu erlauben, um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen:
Erkenne das Geschenk für den anderen darin, wenn du um Hilfe bittest oder Hilfe annimmst.
Erkenne, dass du selbst etwas sehr Wertvolles gibst, wenn du jemanden um Hilfe bittest oder Hilfe annimmst.
Stell dir mal folgende Situation vor: Eine Freundin kommt zu DIR und bittet DICH um Hilfe.
Wie fühlt sich das an?
Ist das nicht ein wunderbares Gefühl, jemandem helfen zu können? Gebraucht zu werden? Das Vertrauen zu genießen, demjenigen weiterhelfen zu können? Eine weitere Möglichkeit zu haben, jemandem seine Zuneigung zu zeigen, indem man ihm seine Zeit und seine Unterstützung schenkt?
Ist das nicht eine wunderbare Möglichkeit, sich mit dieser Person zu verbinden und Nähe herzustellen?
Die allermeisten Menschen helfen sehr gerne. Weil es auch ihnen guttut. Studien zeigen, dass Helfen die Lebenszufriedenheit steigern und negative Gefühle mindern kann.
Und ist an Weihnachten nicht der schönste Moment, wenn jemand dein Geschenk auspackt und sich darüber freut? Geben macht so glücklich!
Auch Kinder helfen sehr gerne. Sie wachsen förmlich, wenn man sie um Hilfe bittet. Und ihnen damit das Zutrauen ausspricht, einen Erwachsenen unterstützen zu können.
Gib den Menschen in deinem Umfeld die Gelegenheit, dir etwas geben zu können. Gib ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden. Gib ihnen das Gefühl, dein Vertrauen zu genießen.
Indem du sie um Hilfe bittest, bzw. ihre Hilfe annimmst.
Den anderen wird es ein gutes Gefühl geben, helfen zu können. Und du fühlst dich nicht mehr alleine mit deinen vielen Aufgaben und kannst deine To-do-Liste kürzen.
Win-Win-Situation, oder? 😉
Das hat auch meine Klientin Birgit erkannt, nachdem ihr bewusst wurde, wie gerne sie anderen hilft. Und manchmal sogar regelrecht enttäuscht oder verunsichert ist, wenn sie nicht um Hilfe gebeten, bzw. ihre Hilfe abgelehnt wurde.
Ist doch bei dir auch so, oder?
Schau doch jetzt mal gleich auf deine To-do-Liste und überlege dir, für welche Aufgaben du gerne Hilfe hättest und wen du dafür um Unterstützung bitten könntest.
Es mag sich vielleicht ungewohnt oder sogar herausfordernd anfühlen, auf diese Person zuzugehen und um Hilfe zu bitten. Aber auch das ist Übungssache. Es wird immer leichter werden – versprochen! Denn je öfter du die Erfahrung machst, dass nichts von den negativen Folgen eintritt, die du dir vielleicht jetzt noch ausmalst – sondern es im Gegenteil zu positiven Erfahrungen führt – desto selbstverständlicher wird es sich mit der Zeit anfühlen.
Alles Liebe für dich
deine
P. S. Diesen Blogartikel gibt es auch als Podcastfolge! Hör doch gleich mal rein: